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Über den Autor und weitere Mitwirkende
Max Frisch wurde am 15. Mai 1911 in Zürich geboren und starb am 4. April 1991 an den Folgen eines Krebsleidens in seiner Wohnung in Zürich. 1930 begann er sein Germanistik-Studium an der Universität Zürich, das er jedoch 1933 nach dem Tod seines Vaters (1932) aus finanziellen Gründen abbrechen musste. Er arbeitete als Korrespondent für die Neue Zürcher Zeitung. Seine erste Buchveröffentlichung Jürg Reinhart. Eine sommerliche Schicksalsfahrt erschien 1934 in der Deutschen Verlags-Anstalt Stuttgart. 1950 erscheint Das Tagebuch 1946-1949 als erstes Werk Frischs im neugegründeten Suhrkamp Verlag. Zahlreiche weitere Publikationen folgten.
Produktinformation
Taschenbuch: 415 Seiten
Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: 15 (23. April 1985)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3518376489
ISBN-13: 978-3518376485
Größe und/oder Gewicht:
10,7 x 2,2 x 17,7 cm
Durchschnittliche Kundenbewertung:
4.6 von 5 Sternen
3 Kundenrezensionen
Amazon Bestseller-Rang:
Nr. 98.501 in Bücher (Siehe Top 100 in Bücher)
Max Frisch beobachtet, analysiert, macht sich seine Gedanken. Für mich besonders interessant: der Blick eines Schweizers auf das Deutschland dieser Zeit. Für Interessierte nach wie vor absolut lesenswert.
"Es ist nicht die Zeit für Ich-Geschichten. Und doch vollzieht sich dasmenschliche Leben oder erfüllt sich am einzelnen Ich, nirgends sonst."(Max Frisch)Max Frisch (1911-1991) würde am 15.Mai 2011 genau 100 Jahre. So alt hätte er nur zahlenmäßig werden können, war doch sein Leben an Reisen und an Jugend gekoppelt. Betracht man all seine Werke, dann entdeckt man den jungen "Homo faber" mit seinen Ländern und Geliebten, dann weiss man um Geiser, der stellvertretend im Holozän erscheint und seine Erinnerungen schrieb, man weiß um Frisch selbst, der nicht er selbst war, wie auch "Stiller" nicht Stiller sein wollte, aber immer auf dem Weg zum Ich. Man begegnet ihm mehr oder weniger privat in "Montauk" , weiß dann um seine "Brook-lynn" auf der Insel und erkennt sein Streben nach sich selbst im wohl geheimnisvollsten Roman, der die "Antwort aus der Stille" gab.Wenn man gerade von dem Menschen, der uns nahe ist, nichts weiß, dann ist man mitten in den Tagebüchern aus der Nachkriegszeit. "Du sollst Dir kein Bildnis machen" ist diese wunderbare Geschichte, in der das Lieben genügt wie an anderer Stelle das Glauben. Der Mensch als Geheimnis und damit auch Frisch selbst als Geheimnis und doch scheinen seine Bücher von dieser Offenbarung ewiger Jugend, die er sich verspricht. Nicht ankommen, kein Ende eines Traumes, alles "verzweifelte Notwehr" auf Kosten der Wahrhaftigkeit. "Was wichtig ist: das Unsagbare, das Weiße zwischen den Wortern", weil dort das steht, was wir meinen. Wenn wir es sagten, so Frisch, dann entfernen wir uns, "alles, was einmal zum Wort wird, einer gewissen Leere anheim fällt". Was ist das Leben?, so die immer währende Frage dieses Autors und weil er fragt in der Zeit des Nachkriegs und immer wieder sucht, bleibt er jung, Zeitgenosse unserer Welt und doch Berichterstatter vom Erbe der Vergangenheit. All seine Werke sind eine Suche nach einem bedeutenden Leben oder nach dem, was dem Leben Bedeutung geben kann. Aber wie? Als wenn "es genügte, wenn man den Mut hätte, jene Art von Hoffnung abzuwerfen, die nur Aufschub bedeutet" führt er doch seine Protagonisten als große Menschen in den Ring, eine Sehnsucht nach männlicher Tat ihnen eigen, wie Iris Radisch schrieb, und immer mit der Frage, die am Berg gestellt war: "Wie wollen wir leben?"Auch bemerkt Frisch dieses: "wenn wir zuweilen die Geduld verlieren, unsere Meinung einfach auf den Tisch werfen und dabei bemerken, dass der andere zusammen zuckt, berufen wir uns mit Vorliebe darauf, dass wir ehrlich sind." Offen gestanden! ist eben jene Redewendung, die die Ungeduld in Zufriedenheit wenden soll. Oder - so Frisch - es bleibt nur die Artistik für das Unbequeme, damit der andere dem Zorn nicht entgegnen kann."Wer eine Überzeugung hat, wird mit allem fertig. Überzeugungen sind der beste Schutz vor dem Lebendig-Wahren." Eben. Frisch ist Moralist ohne Prediger zu sein, er ist Reisender ohne Ankunft, er ist Lebender ohne Alter, er ist Utopist ohne Realität. Ein ewig junger eben, voller Sentimentalität und Ironie, voller Abriss und Neubau, voller Liebe und Leid, voller Stirb und Werde mit der Einsicht, ein unvollendeter Mensch zu sein. Aus diesem Grunde lesen wir die Hundertjährigen, weil es so ist mit den Toten: man redet mit ihnen, aber sie denken nicht um.Fazit: Eine Reihe von klugen Gedanken, Ideen und Anregungen sind hier zu lesen. Gleichzeitig gibt er ein Zeitbild für die Zeit des Neuanfangs nach dem Krieg. Und manche kurzen Gedanken, Lebensspotts, die wie eingestreut wirken, ergänzen das Bild. Längere Passagen sind beginnende Szenen zu den diesem Tagebuch folgenden Werken. Ein erster frischer Frisch zum Kennenlernen.~~
Der Titel "Tagebuch" täuscht -- Einblicke in das Privatleben des Autors gewährt dieses Buch zwar, aber nur höchst indirekt; Max Frisch nimmt hier sein Recht auf ein Privatleben in Anspruch. Unpersönlich sind diese Aufzeichnungen -- zu Recht werden sie oft als Bestandsaufnahme bezeichnet -- aber keineswegs.Wie das ebenso lohnende "Tagebuch 1966-1971" ist auch dieses Tagebuch aus der unmittelbaren Nachkriegszeit streng durchkomponiert; man hält bestimmt keine unmittelbaren Aufzeichnungen des Autors in Händen. Frisch nimmt dem Leser kommentarlos diese Illusion, bevor sie überhaupt entstehen kann. Dies muss aber kein Nachteil sein; im Gegenteil!Das "Tagebuch 1946-1949" ist nämlich mehr eine Bestandsaufnahme vom Europa der unmittelbaren Nachkriegszeit -- Frisch, der den Zweiten Weltkrieg von der neutralen Schweiz aus beobachtet hatte, bereist nun die Ruinenlandschaften Mitteleuropas, beobachtet KZ-Überlebende, Trümmerfrauen, Bettler, "Frauleins", das feiernde Paris am Nationalfeiertag: Sieger und Besiegte, Verbrecher und Opfer. Und er liefert Stimmungsbilder aus einem Europa, dessen Schicksal zum Zeitpunkt der Niederschrift in der Schwebe lag. Man wusste nicht, wie es weitergehen würde -- Berlin-Blockade und die sich abzeichnende deutsche Teilung, der dubiose Selbstmord Jan Masaryks und ähnliche Ereignisse drohten, den beginnenden Kalten Krieg jederzeit wieder heiß aufflammen zu lassen. Die Eindrücke sind noch frisch, und die Gespräche, die Frisch mal detailliert, mal skizzenhaft wiedergibt, wirken trotz der erkennbaren "Nachbearbeitung" durch den Autor unmittelbarer und authentischer als manch eine zeitgenössische Reportage.Gleichzeitig finden sich in diesem "Tagebuch" viele Reflexionen über die zeitgenössische Literatur, übers Theater im allgemeinen, die Besonderheiten von Brechts Lyrik usw. Hier liest man freilich kein Evangelium, sondern "nur" Frischs Meinung, aber in diese Stellungnahmen gingen dieselben Überlegungen ein, auf denen auch Frischs literarisches Schaffen beruht.Allein deswegen wäre dieses Tagebuch schon eine lohnende Lektüre, aber es ist noch viel mehr als ein biographisches Dokument, viel mehr als eine historische Quelle: Das "Tagebuch 1946-1949" enthält nämlich mehr oder weniger ausgearbeitete Entwürfe von einigen Dramen und Erzählungen, deren Entstehungsgeschichte man hier ein wenig nachverfolgen kann; nicht nur der "Graf Öderland" ist hier bereits vertreten."Tagebuch 1946-1949" ist sicher kein Tagebuch im landläufigen Sinne, aber dafür ein anregender Einstieg in Frischs Denken, ein unmittelbar wirkendes Stimmungsbild aus dem Nachkriegs-Europa, auch eine Sammlung geistreicher Essays -- es gibt wahrlich schlechtere Bücher!
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